Österreichische Nobelpreisträger:innen

Einleitung

Der Nobelpreis stellt in der Wissenschaftscommunity die höchstmögliche Auszeichnung dar. Einmal jährlich, genauer gesagt am 10. Dezember, werden Wissenschaftler für ihre herausragenden und bahnbrechenden Arbeiten in den Kategorien Literatur, Physiologie oder Medizin, Physik, Chemie und Friedensbemühungen in Stockholm, Schweden, sowie Oslo, Norwegen, ausgezeichnet. Dieser Preis wurde ursprünglich von Alfred Bernhard Nobel, dem Erfinder des Dynamits, initiiert und 1901 zum ersten Mal vergeben.

Ich bin wie Nobel der Ansicht, dass die Menschheit mehr Gutes als Böses aus den neuen Entdeckungen gewinnen kann.

Pierre Curie

Seit 1968 gibt es auch einen “Wirtschaftsnobelpreis”, den Alfred-Nobel-Gedächtnispreis. Dieser wird allerdings von der Schwedischen Nationalbank gestiftet und ist unter Kritikern umstritten, da Nobel diese Kategorie nicht in seinem testamentarischen Vermächtnis erwähnt hat. 

Nobelpreismedaille
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Wieviele dieser Auszeichnungen gingen nun an österreichische Wissenschafter:innen?

Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Je nach Kriterien hinsichtlich der Staatsangehörigkeit, variiert die Anzahl zwischen 19 und 32. Wenn man alle Nobelpreisträger:innen, die in Österreich geboren wurden oder den durch den Nobelpreis ausgezeichneten Teil ihrer Arbeit als österreichische Staatsbürger:innen vollbracht haben, einschließt, würde man auf 24 österreichische Nobelpreisträger:innen kommen. Mit eingeschlossen wären demnach auch Personen, die in Gebieten geboren wurden deren Rechtsnachfolge die Republik Österreich übernommen hat, also Gebiete, die früher zu Österreich-Ungarn bzw. zum Kaisertum Österreich gehörten.

Innerhalb der Grenzen des heutigen Österreich sind 19 Nobelpreisträger:innen geboren. Dazu kommen Preisträger:innen wie Bertha v. Suttner oder Fritz Pregl, die zwar „nur“ in der Donaumonarchie geboren sind, aber ihren Tätigkeitsschwerpunkt im heutigen Österreich hatten. Andere Laureat:innen wurden auch in der Habsburgermonarchie geboren, werden aber kaum mit Österreich assoziiert. Darunter fallen z.B. Persönlichkeiten wie Eugene Wigner oder Ernesto Teodoro Moneta, die eher als ungarische bzw. italienische Nobelpreisträger anzusehen sind.

Zum Zeitpunkt des Erhalts des Nobelpreises waren nur sieben Personen in Österreich tätig. Darunter auch Otto Loewi, der zwar in Frankfurt geboren war, aber zum Zeitpunkt der Verleihung seines Nobelpreises 1936 bereits ca. 30 Jahre lang neben der deutschen auch die österreichische Staatsbürgerschaft besaß. Wie Otto Loewi mussten auch Walter Kohn und Martin Karplus vor dem NS-Regime fliehen. Kohn war bei der Verleihung seines Nobelpreises bereits US-Staatsbürger, erhielt aber später auch wieder die österreichische Staatsbürgerschaft.

Es ist also recht kompliziert, sich auf eine genaue Anzahl der österreichischen Nobelpreisträger:innen festzulegen. Für unsere Betrachtungen möchten wir uns nun mit den Personen als österreichische Nobelpreisträger:innen beschäftigen, die entweder auf dem Gebiet des heutigen Österreich geboren wurden oder die als österreichische Staatsbürger:innen den Nobelpreis erhalten haben oder Personen, die in der Habsburgermonarchie geboren wurden und den Schwerpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit innerhalb der heutigen Grenzen Österreichs hatten. Demnach würden wir es mit 22 österreichischen Nobelpreisträger:innen zu tun haben.

 

Viktor Franz Hess (1883-1964):

Viktor Franz Hess wurde 1883 in Schloss Waldstein, in der Nähe von Peggau bei Graz geboren. 

Portrait von Victor Franz Hess
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Die Ausbildung am Gymnasium und danach an der Universität absolvierte Hess von 1893 bis 1906 in Graz. Sein Studium der Physik schloß Hess 1906 mit ausgezeichnetem Erfolg, “Sub auspiciis Imperatoris”, ab. Die folgenden Jahre verbrachte er größtenteils in Wien, wo er unter anderem von 1910 bis 1920 am neu gegründeten Institut für Radiumforschung der Akademie der Wissenschaften in Wien wichtige Erfahrungen sammeln sollte.

1912 entdeckte Hess die Höhenstrahlung (kosmische Strahlung) mit Hilfe von Ballonfahrten in der Erdatmosphäre. Von 1920 bis 1931 war Hess an der Grazer Universität (davon auch 2 Jahre in den USA), von 1931 bis 1937 in Innsbruck, danach wieder in Graz.

1936 erhielt Hess für seine 1912 gemachte Entdeckung der kosmischen Strahlung den Nobelpreis für Physik. Hess war bekennender Katholik und Gegner der Nazis. Er wurde 1938 nach dem Anschluss fristlos und ohne Pensionsanspruch entlassen und emigrierte noch im selben Jahr in die USA wo er seine Forschungen fortsetzen konnte und 1944 auch die US-Staatsbürgerschaft erhielt.

 

Erwin Schrödinger (1887-1961):

Ich – ich im weitesten Sinne des Wortes, d.h. jedes bewußt denkende geistige Wesen, das sich als »Ich« bezeichnet oder empfunden hat – ist die Person, sofern es überhaupt eine gibt, welche die »Bewegung der Atome« in Übereinstimmung mit den Naturgesetzen leitet.

Erwin Schrödinger(Physiker)

Ionenfalle
Ionenfalle, verwendet in einem Quantencomputer |Source=Photo taken in Innsbruck, Austria | Creative Commons Attribution-ShareAlike 3.0 Unported License.

Schrödinger besuchte ab 1898 das Akademische Gymnasium und studierte danach von 1906 bis 1910 in Wien Mathematik und Physik und habilitierte sich am Wiener Physikalischen Institut. Im Ersten Weltkrieg war Schrödinger an einem ruhigeren italienischen Frontabschnitt stationiert, wo er Gelegenheit fand sich mit den Theorien Einsteins auseinanderzusetzen.

Nach dem Krieg schien ihm seine berufliche Laufbahn in der Ersten Republik aufgrund der wirtschaftlichen Lage nicht sehr hoffnungsreich und so begannen seine „Wanderjahre“. 1920/21 war er an den deutschen Universitäten in Jena, Stuttgart und Breslau tätig, 1921 bis 1927 war er in Zürich, von 1927 bis 1933 in Berlin.

In seiner Züricher Zeit entwickelte Schrödinger die nach ihm benannte Gleichung, die die Grundlagen der Quantenmechanik beschreibt. Diese Arbeit brachte ihm Weltruhm ein und er erhielt 1933 auch den Nobelpreis für Physik dafür. 

1933 verließ Schrödinger Berlin aus politischen Gründen, er wurde zwar nicht aktiv von den Nazis verfolgt, aber er verspürte ein großes Unbehagen den neuen Machthabern gegenüber. Von 1933 bis 1936 war er in Oxford tätig, danach kam er nach Graz. Nach dem Anschluss war seine Zukunft zunächst ungewiss, im September wurde er entlassen mit der Begründung der politischen Unzuverlässigkeit.

Mit wenig Handgepäck verließ er Graz in Richtung Rom, von wo er über die Schweiz nach England gelangte. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits ein Angebot des irischen Ministerpräsidenten Eamon de Valera angenommen, der ihm eine Stelle als Leiter eines zu gründenden „Institute of Advanced Studies“ in Irland offerierte. Bis dieses Institut Realität wurde, dauerte es noch bis 1940, in der Zwischenzeit lehrte Schrödinger an der Universität Gent in Belgien.

Bei Kriegsausbruch verließ Schrödinger Belgien und kam im Oktober 1939 in Dublin an. Im irischen Exil fand Schrödinger die idealen Arbeitsbedingungen vor, und er blieb hier bis 1956. Er verfasste hier etwa dass Buch „Was ist Leben“ das den beiden DNA-Forschern Watson und Crick, die die Doppelhelixstruktur der DNA entdeckten, wichtige Impulse für ihre Forschungen lieferte.

1956 kehrte er nach Österreich an die Wiener Universität zurück. In den Jahren zuvor hatte er den Kontakt in seine alte Heimat auch nie ganz abreißen lassen, so besuchte er oft das Forum Alpbach. Schrödinger stirbt 1961 in Wien und wird später in Alpbach beigesetzt.

ORF-Dokumentation über Erwin Schrödinger

Otto Loewi (1873–1961):

Portrait von Otto Loewi in Boston
Portrait von Otto Loewi in Boston, 1929. Wellcome Collection. Attribution 4.0 International (CC BY 4.0)

Otto Loewi kam in Frankfurt am Main am 3. Juni 1873 auf die Welt, als Sohn des gut situierten Weinkaufmannes Jacob Loewi und Anna Willstätter. Er studierte von 1891 bis 1896 in München und Straßburg Medizin. In den Anfangsjahren seines Studiums hegte er mehr Interesse an philosophischen Vorlesungen als an medizinischen, mit Ausnahme der Anatomiekurse von Gustav Schwalbe. So ist es auch kein Wunder, daß Loewi die erste medizinische Prüfung im Jahre 1893 nur knapp bestand. Kurze Zeit später fokussiert er sich voll und ganz auf das Medizinstudium und promoviert schließlich 1896 an der Universität Straßburg.

1898 wurde Otto Loewi Assistent von Professor Meyer, einem renommierten Pharmakologen, an der Universität Marburg und habilitierte hier im Jahr 1900. 1904 folgte er Meyer nach Wien. 1905 wurde Otto Loewi Assistenzprofessor am pharmakologischen Institut in Wien. Er nahm die österreichische Staatsbürgerschaft an, wobei er die deutsche ebenfalls behielt.

1909 wird Loewi der Lehrstuhl für Pharmakologie in Graz angeboten, er nimmt an und ist beinahe 30 Jahre in Graz tätig. Nicht nur seine wissenschaftlichen Arbeiten erregen hier höchste Auferksamkeit, Loewis Vorlesungen sind beliebt und meistens gut besucht, seine Fähigkeiten als Dozent begehrt und bewundert. 

Während seiner Professur in Graz gelang es ihm, und zwar im Jahre 1921, die chemische Weiterleitung von Nervenimpulsen sichtbar zu machen. In seinem berühmten Froschherzenexperiment (von dem er vorher sogar träumte) legte er zwei Froschherzen in eine Kochsalzlösung. Ein Herz war noch mit dem Vagusnerv verbunden, das zweite Herz lediglich mit Herz 1. Substanzen aus dem ersten Herzen konnten also auch direkt ins zweite Herz gelangen. Im Versuch wurde der Vagusnerv elektrisch stimuliert und Loewi beobachtete hierbei, daß sich nicht nur der Schlag des direkt mit dem Vagusnerv verbundenen Herzens verlangsamte sondern, nach einer kurzen Verzögerung ebenso der Schlag von Herz 2. Über seine impulsgebende, nächtliche Erleuchtung schreibt er später folgendes:   

In der Nacht zum Ostersamstag 1921 wachte ich auf, schaltete das Licht an und machte mir ein paar Notizen auf einem kleinen Zettel. Dann schlief ich wieder ein. Um sechs Uhr morgens fiel mir ein, dass ich in der Nacht etwas sehr Wichtiges aufgeschrieben hatte, aber ich war nicht in der Lage, das Gekritzel zu entziffern. Dieser Sonntag war der verzweifeltste Tag in meinem ganzen wissenschaftlichen Leben. In der nächsten Nacht wachte ich jedoch um drei Uhr wieder auf, und ich erinnerte mich, was es war. Diesmal ging ich kein Risiko ein; ich stand sofort auf, ging ins Labor, führte das oben beschriebene Experiment am Froschherz durch, und um fünf Uhr war die chemische Übertragung des Nervenimpulses endgültig bewiesen.

Otto Loewi, From the Workshop of Discoveries, Lawrence: University of Kansas Press, 1953

So konnte Loewi nachweisen, dass für die Übertragung eines Nervenimpuls auf das Herz ein chemischer Stoff verantwortlich sein musste, den er als “Vagusstoff” bezeichnete und der später von Henry Dale als Acetylcholin identifiziert werden konnte.

Er hatte auf diese Weise den ersten Neurotransmitter gefunden und etablierte damit ein Forschungsfeld, welches in den Folgejahren durch ihn und seine Kollegen massiv vorangebracht werden konnte. Für diese Entdeckung erhielt Loewi 1936 gemeinsam mit Dale den Nobelpreis für Medizin.

Nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland im Jahre 1938 wurde Loewi von den Nazis aufgrund seiner jüdischen Herkunft verhaftet. Er musste das Preisgeld, das er bei der Verleihung für seinen Nobelpreis bekommen hatte den Nazis überschreiben, erst dann wurde er nach zwei Monaten Haft wieder freigelassen. Loewi emigrierte über Umwege in die USA, wo er 1940 ankam und 1946 die US-Staatsbürgerschaft erhielt. 

Seit 1908 war Otto Loewi mit Guida Goldschmiedt verheiratet, die beiden hatten drei Söhne und eine Tochter. Er starb schließlich am 25.Dezember 1961.

 

Fritz Pregl (1869–1930):

Fritz Pregl wurde 1869 im damaligen Laibach (Ljubljana) geboren. Nach der abgelegten Reifeprüfung zog er ins nahe gelegene Graz um dort Medizin zu studieren. Es gelang ihm, eine Assistenzstelle für Physiologie und Histologie bei Alexander Rollett zu ergattern. Schließlich erwarb Pregl 1894 die Doktorwürde und übernahm nach Rollets Tod 1903 dessen Lehrstuhl. Während dieser Zeit gelang es Pregl seine Chemie-Kompetenzen mit Hilfe seines Mentors Professor Skraup entscheidend zu erweitern.   

Fritz Pregl
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1904 studierte er dann in Deutschland, unter anderem in Tübingen, in Leipzig, sowie in Berlin. 1905 kehrt Pregl nach Graz zurück, er findet dort eine Anstellung am Medizinisch-Chemischen Institut. 1907 wird er schließlich zum dortigen Gerichtschemiker ernannt. Zu dieser Zeit widmet er sich der Analyse von Eiweißkörpern und Gallensäure. Ein Mangel an ausreichendem Untersuchungsmaterial weckt ihn ihm schließlich den beharrlichen Wunsch, Methoden zu entwickeln, in welchen bei der Analyse von Elementen wesentlich kleinere Probenmengen erforderlich waren.

1910-1913 nimmt er eine Professorenstelle an der Universität Innsbruck an und investiert viel Zeit und Mühen in die Entwicklung der Methode der quantitativen organischen Mikroanalyse. Pregl setzt diese Arbeiten auch nach seiner Rückberufung an die Uni Graz fort. Er wird 1916-1917 in weiterer Folge zum Dekan der Medizinischen Fakultät ernannt. 1920 übernimmt Pregl für ein Jahr das Amt des Rektors der Universität Graz.

Pregls Fokus in seiner wissenschaftlichen Arbeit umfasste zuerst größtenteils den Bereich der physiologischen Chemie, anschließend widmete er sich dem Studium und der Analyse von Gallensäuren. Er verfeinerte seine Methoden bis er schließlich 1912 in der Lage war, quantitative Mikroanalyse Messungen von unter anderem Stickstoff, Schwefel und Halogen durchzuführen. Dabei benötigte er lediglich einige Milligramm vom Ausgangsmaterial und erreichte ähnlich gute Ergebnisse wie in der Makroanalyse. Pregl entwickelte später auch eine empfindliche Mikrowaage, welche für seine Arbeit schließlich unerlässlich wurde.

In den akademischen Kreisen wurde seine Arbeit hochgeschätzt und so ist es kein Wunder, dass er zB. 1914 mit dem Lieben-Preis für Chemie der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien ausgezeichnet wurde. 1920 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Universität Göttingen verliehen und knapp ein Jahr später wurde er von der Akademie der Wissenschaften in Wien zum Korrespondierenden Mitglied gewählt. Höhepunkt war aber die Verleihung des Nobelpreises für Chemie im Jahr 1923, der unter anderem an ihn vergeben wurde, weil Pregl durch sein Schaffen bereits bestehende Methoden signifikant verbessert hat. Durch die Verleihung des Nobelpreises stand auch das Medizinisch-Chemische Institut in Graz im Rampenlicht. Viele (angehende) Chemiker kamen eigens aus aller Welt in die steirische Hauptstadt, um bei Pregl höchstpersönlich die Techniken der quantitativen organischen Mikroanalyse zu erlernen.

Pregl blieb Zeit seines Lebens unverheiratet und starb schließlich mit 61 Jahren am 13. Dezember 1930 in Graz. Kurz vor seinem Tod stellte er der Wiener Akademie der Wissenschaften einen beträchtlichen Geldbetrag zur Förderung der mikrochemischen Forschung zur Verfügung und legte fest, dass jährlich ein Preis für herausragende Arbeiten an österreichische Mikrochemiker vergeben werden sollte. Seither vergibt die Wiener Akademie der Wissenschaften den “Fritz-Pregl-Preis”.
 

Julius Wagner-Jauregg (1857–1940):

Julius Wagner-Jauregg
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Julius Wagner-Jauregg kam am 7. März 1857 in Wels, im oberösterreichischen Alpenvorland, zur Welt. Er maturierte am alten Schottengymnasium in Wien und inskribierte sich 1874 für das Medizinstudium an der Universität Wien.

Insgesamt 6 Jahre studierte er am Institut für allgemeine und experimentelle Pathologie unter der Leitung des Pathologen und Histologen Salomon Stricker und erlangte schließlich 1880 seine Doktorwürde. Während seiner Studienzeit lernte Wagner-Jauregg auch die zum damaligen Zeitpunkt wenig beachteten Methoden der wissenschaftlichen Experimente mittels Tierversuche kennen.

Nach zwischenzeitlichen Tätigkeiten an der Abteilung für Innere Krankheiten, akzeptierte er 1883 überaus erfreut eine Assistentenstelle in der Psychiatrischen Klinik. Wagner-Jauregg hatte ursprünglich nicht die Absicht Psychiater zu werden und dementsprechend eingeschränkt war auch sein Erfahrungshorizont auf diesem Fachgebiet. Nur zwei Jahre dauerte es und er hielt bereits 1885, nach seiner erfolgreichen Habilitierung, Vorlesungen über die Pathologie des Nervensystems. 1887 übernahm Wagner-Jauregg bereits die Leitung der Psychiatrischen Klinik.

1889 wurde er zum außerordentlichen Professor an der Medizinischen Fakultät und zum Direktor der Neuropsychiatrischen Klinik der Universität Graz ernannt. Zu dieser Zeit untersuchte er die Zusammenhänge zwischen Kropf und Kretinismus, eine Entwicklungsstörung bei Kindern aufgrund eines angeborenen Mangels an Schilddrüsenhormonen. Die Beigabe von Jod zu herkömmlichen Speisesalz sowie zu Trinkwasser als prophylaktische Maßnahme gegen vergrößerte Schilddrüsen einige Zeit später ist einer Initiative von Wagner-Jauregg zu verdanken.

1892 erhielt er eine Stelle an der Niederösterreichischen Landesirrenanstalt und knapp ein Jahr später erlangte er eine außerordentliche Professorenstelle für Psychiatrie und Nervenkrankheiten. Zeitgleich wurde er Direktor der Klinik für Psychiatrie und Nervenkrankheiten in Wien. Zehn Jahre später, 1902, wechselte Wagner-Jauregg an die psychiatrische Klinik des Allgemeinen Krankenhauses, da er sich dort mehr Möglichkeiten versprach und eine vielfältigere Tätigkeit vorfand. Als jedoch 1911 die Landesirrenanstalt am Steinhof vor den Toren Wiens ausgebaut wurde kehrte Wagner-Jauregg an seine alte Stelle zurück.

Zeit seines Lebens war Wagner-Jauregg stets bestrebt, psychische Störungen durch die Herbeiführung von Fieberanfällen zu lindern bzw. zu heilen. 1887 erforschte er bereits die Effekte fieberhafter Erkrankungen auf Psychosen, später setzte er auch Tuberkulin ein, ein Extrakt aus Proteinen, das aus Tuberkulose-Bakterien gewonnen wird. Diese Behandlungsmethoden führten aber zu keinem vielversprechenden Erfolg und so wandte er sich 1917 der Malariaimpfung zu, die sich bei der Dementia paralytica, einer Erkrankung des zentralen Nervensystems, als sehr effektiv herausstellte.

Für die Entdeckung und Entwicklung dieser Methode wurde er 1927 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.

Wagner Jaureggs Wirken wird seit den 1990er Jahren immer wieder kritisch kommentiert und bewertet. Neuere Forschungsergebnisse zeichnen ein komplexeres Bild des Nobeltreisträgers und werfen problematische Aspekte, insbesondere aus der Zeit des Nationalsozialismus, auf.

 

Bertha von Suttner (1843-1914):

Bertha von Suttner
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Bertha von Suttner wurde unter ihrem Mädchennamen Kinsky in Prag, damals Teil der österreichisch-ungarischen k.k. Monarchie, geboren und war Teil einer militärisch geprägten, böhmischen Aristokratenfamilie. Ihr Verhältnis zu den militärischen Traditionen ihrer Familie wandelte sich im Lauf ihres Lebens von beinahe unkritischer Akzeptanz bis zu strikter Ablehnung.

In jungen Jahren interessierte sich Bertha für Sprachen und Musik, studierte diese und beschäftigte sich viel mit Literatur und Reisen.

1873, als die schwindenden finanziellen Mittel ihrer Mutter aus dem Erbe des frühzeitig verstorbenen Vaters nicht länger auszureichen drohten, entschied sie sich, eine Stelle als Hauslehrerin der Familie Suttner in Wien anzunehmen. Drei Jahre später ging sie nach Paris, um Alfred Nobel als Privatsekretärin zu unterstützen. Diese Position gab sie aber kurz darauf auf und heiratete in weiterer Folge den jüngsten Sohn, Baron Arthur Gundauer von Suttner. Suttners Familie war ganz und gar nicht einverstanden mit der Heirat, daraus zog das jung vermählte Paar seine Konsequenzen und verlagerte den Lebensmittelpunkt nach Georgien. In den folgenden neun Jahre nahmen Bertha und Arthur große Entbehrungen auf sich, konnten sich aber einigermaßen durchschlagen, indem sie Sprach- und Musikunterricht erteilten und Bücher verfassten.

In dieser Zeit konzipierte Bertha von Suttner mehrere Romane sowie ihr Buch, Inventarium einer Seele, in dem sie unter anderen das Konzept einer Gesellschaft, die Fortschritt durch Frieden erreichen würde, erwähnt.

1885 versöhnten sich Bertha und Arthur mit der Familie des Barons und sie kehrten schließlich nach Österreich zurück. Hier sollte sie in weiterer Folge die Mehrzahl ihrer Bücher fertigstellen. Durch Zufall wird sie auf Organisationen wie der International Arbitration and Peace Association aufmerksam, die genau ihre Ideale umsetzten, nämlich Schiedsgerichtsbarkeit und Frieden anstelle von Waffengewalt. In ihrem 1899 erschienenen Buch, Das Maschinenzeitalter, setzt sie besagte Themen kritisch um und warnt, als eine der ersten ihrer Zeit, vor den Konsequenzen von übersteigertem Nationalismus und militärischer Aufrüstung.

Ich habe es zu früh erkannt, daß der Schlachteneifer nichts Übermenschliches, sondern – Untermenschliches ist; keine mystische Offenbarung aus dem Reiche Luzifers, sondern eine Reminiscenz aus dem Reiche der Tierheit – ein Wiedererwachen der Bestialität.

Bertha von Suttner, Die Waffen nieder! Eine Lebensgeschichte, 1889

Ihre nächste Arbeit, der Roman, Die Waffen nieder, traf exakt den Nerv der Zeit und löste ein großes mediales Echo aus, auch das Lesepublikum war begeistert. Die Hauptfigur durchlebt alle Schrecken des Krieges, das Werk ist bereichert mit sorgfältigen Recherchen Bertha von Suttners über damalige, reale Konflikte.

Darüber hinaus wird die Baronin immer mehr zur Führungsfigur der Friedensbewegung und engagiert sich zunehmend auf allen Ebenen für den Frieden, sei es in Form von Friedenstreffen und internationalen Kongressen, bei der Gründung von Friedensgruppen, bei Vorträgen und vielerlei mehr. 1891 zB. gründete sie die Österreichische Friedensgesellschaft und war wesentlich mitverantwortlich für die Gründung des Berner Friedensbüros.

Obwohl sie der Tod ihres Mannes im Jahre 1902 schwer getroffen hatte, war sie entschlossen, ihre bis dato gemeinsame Arbeit fortzuführen.

1905 wird sie für ihr Lebenswerk ausgezeichnet und erhält als erste Frau den Friedensnobelpreis.

Sie stirbt 1914, nur zwei Monate vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges.
 

Karl von Frisch (1886-1982):

Karl von Frisch
– Quelle: http://www.deutsches-museum.de/archiv/

Karl Ritter von Frisch wurde 1886 in Wien geboren. Er entstammte einer Akademikerfamilie: Sein Vater war Mediziner; seine drei jüngeren Brüder wurden alle Universitätsprofessoren.

Nach der absolvierten Matura am Schottengymnasium studierte Frisch kurzzeitig Medizin, sein Interesse verlagerte sich aber mehr und mehr zu den naturwissenschaftlichen Fächern, genauer gesagt zur Zoologie. 1910 erlangte er schließlich im Alter von 24 Jahren seine Doktorwürde an der Universität München. Karl Frischs Interesse an Tieren wurde ihm bereits in die Wiege gelegt und durch seinen Onkel Sigmund Exner, der den Sehapparat von Insekten erfolgreich erforschte, gefördert. Frisch trat es gewissermaßen seinem Onkel gleich und begann das Sehvermögens von Honigbienen genauer zu erforschen.

1912 habilitierte er sich erfolgreich und begann als Privatdozent am Zoologischen Institut der Uni München zu arbeiten. Von 1914 bis 1919 arbeitete er am Rudolfinerhaus in Wien. 1919 kehrte er nach München zurück, wo er schließlich Professor wurde, 1921 leitete er die Zoologische Anstalt der Universität Rostock.

Im Jahr 1923 folgt ein zweijähriges Gastspiel an der Universität Breslau, er wechselt aber bald an die Universität München zurück um die Leitung des zoologischen Institutes zu übernehmen. Hier baute er später, mit Hilfe der Rockefeller Foundation das neue Zoologische Institut auf. Dieses wurde während des Zweiten Weltkriegs aber zerstört. Frisch musste Deutschland verlassen und ging nach Österreich, um seine Forschungen an der Universität Graz fortzusetzen. Aufgrund seiner jüdischen Teilidentität großmütterlicherseits wurde er immer wieder mit Problemen konfrontiert, er bekam laufend Schwierigkeiten durch das damals herrschende nationalsozialistische Regime.

Im Jahr 1950, nach der Wiedereröffnung seines ehemaligen Insitutes kehrte Frisch nach München zurück, um dort seine Forschungen weiter zu betreiben.

1973 wird er schließlich mit dem Nobelpreis für Physiologie oder Medizin ausgezeichnet.

Seine Forschungen haben wesentlich dazu beigetragen, das allgemeine Verständnis für die und das Wissen über die Bienen zu erweitern. Frisch fand beispielsweise heraus, dass Bienen mit ihrem Geruchssinn in der Lage sind zwischen verschiedenen Pflanzen zu unterscheiden, er wies deren Farbsinn und Fähigkeit, verschiedene Farbmuster zu identifizieren nach, entdeckte ebenfalls den Orientierungssinn der Bienen, die mittel des Magnetfeldes der Erde befähigt sind, auch ohne Sonnenunterstützung zu navigieren. Darüber hinaus gelang es ihm nachzuweisen, wie Bienen Informationen über potentielle Futterquellen miteinander teilen, nämlich durch den Schwänzel- bzw. Rundtanz.

Im Jahr 1982 stirbt Karl von Frisch in München.

Richard Adolf Zsigmondy (1865-1929):

Richard Adolf Zsigmondy, Nobelpreisträger Chemie 1925
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Richard Adolf Zsigmondy wurde am 1. April 1865 in Wien geboren. Mit nur 15 Jahren verlor er und seine drei Brüder ihren Vater, den Arzt Adolf Zsigmondy, der sie Zeit seines Lebens für die Naturwissenschaften interessieren konnte. Zsigmondys Mutter förderte das Interesse ihrer Kinder für die Künste und ermutigte diese, ihren eigenen Weg zu finden. Aus diesem Grund verbrachten Zsigmondy und seine Brüder viel Zeit in den Bergen und beim Schwimmen und Tauchen.

Zsigmondy interessierte sich schon früh für Chemie und Physik und so begann er 1883 ein Studium der technischen Chemie in Wien, welches er 1889 in München mit der Doktorwürde abschloss.  Schon während seines Studiums konnte er sich ein privates Laboratorium aufbauen, in welchem er, durch verschiedene Lehrbücher über Chemie der damaligen Zeit angeregt, viele Experimente durchführte.

An der Medizinischen Fakultät in Wien eignete er sich die Grundlagen der quantitativen Analyse an. Danach inskribierte er sich an der Technischen Hochschule in Wien, wechselte 1887 aber nach München, um sich dem Studium der organischen Chemie zu widmen. Nach seiner Promotion blieb er einige Zeit in München und nahm später eine Assistenzstelle in Berlin an. 1893 habilitierte er sich an der Technischen Hochschule in Graz und unterrichte in weiterer Folge dort.

Zur Zeit seiner Habilitierung forschte Zsigmondy nach Glasfärbemitteln und er arbeitete mit keramischen Farben, beschäftigte sich mit Glanzfarben für Glas und Porzellan was ihn schließlich zur Kolloid-Chemie brachte. Nach einer mehrjährigen Anstellung bei der Glashütte Schott und Genossen in Jena, kündigt er seinen dortigen Posten und beschloss 1900 sich ausschließlich der wissenschaftlichen Forschung zu widmen.

In dieser Zeit entwickelte er gemeinsam mit Henry Siedentopf das sogenannte „Spaltultramikroskop“, eine Variante des Ultramikroskopes mit der es möglich wurde sehr kleine Proben im Bereich von wenige Nanometern zu beobachten. Die Entwicklung dieses Mikroskopes brachte Zsigmondy dazu, seine Forschungen zu den kolloiden Teilchen zu intensivieren.

Zsigmondy heiratete 1903 Laura Luise, die Tochter von Professor Wilhelm Müller, der zur damaligen Zeit als Dozent für pathologische Anatomie in Jena arbeitete. Die beiden hatten zwei Töchter.

Im Jahr 1907 wurde Zsigmondy ordentlicher Universitätsprofessor und Direktor des Instituts für Anorganische Chemie an der Universität Göttingen, er blieb dort bis zu seinem Tod.

Er fand dort zuerst ideale Bedingungen zum Forschen vor, aber das Blatt wendete sich vor allem in den ersten 1920er Jahren, seinem Institut war es in dieser schwierigen Zeit schier unmöglich an einfachste chemische Stoffe zu gelangen, und so wurde das wissenschaftliche Arbeiten erheblich erschwert.

1925 wurde Zsigmondy der Chemie Nobelpreis für seine Arbeiten über die heterogene Natur kolloidaler Lösungen verliehen. Dieser unerwartete Preis verschaffte ihm wieder Luft und ermöglichte es ihm, die eben erwähnten Erschwernisse, auf die er in den vorangegangenen Jahren gestoßen war, zu überwinden.

Nur vier Jahre später starb Richard Zsigmondy am 24. September 1929 in Göttingen.

Kolloidchemie Lehrbuch von Zsigmondy

Robert Bárány (1876-1936):

Nobelpreisträger Robert Bárány
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Robert Bárány wird am 22. April 1876 als Sohn einer Gutsverwalter- und Kaufmannsfamilie in Wien geboren. Robert ist das älteste von sechs Geschwistern. Er erkrankt relativ jung an Knochentuberkulose, die zu einer entzündlichen Erkankung so wie in weiterer Folge zu einer dauerhaften Versteifung des Kniegelenks führt. Vermutlich hat diese Krankheit Báránys Interesse an der Medizin geweckt. Trotz seiner körperlichen Einschränkung widmet er sich leidenschaftlich dem Tennis spielen sowie dem Wandern. Sein grundsätzlicher Leistungswille ist stark ausgeprägt und so verwundert es nicht, dass er schon von der Volksschule an immer zu den Besten seines Jahrgangs zählte.

Nach Vollendung der schulischen Laufbahn absolviert er sein Medizinstudium an der Universität Wien, welches er im Jahr 1900 erfolgreich abschließt. Danach geht Bárány für ein Jahr lang als Volontär nach Frankfurt am Main wo er die Vorlesungen von Professor Carl von Noorden besucht und arbeitet anschließend als Assistenzarzt unter dem Psychiater Professor Emil Kraepelin in Heidelberg. Dort wird sein Interesse für neurologische Erkrankungen geweckt. Zwei Jahre später, 1902, kehrt er schließlich nach Wien zurück und wird Schüler des Chirurgen Professor Carl Gussenbauer. 1903 nimmt er eine Assistenzstelle an der otologischen Universitätsklinik bei Professor Politzer an. Er beschäftigt sich intensiv mit Physiologie und Pathologie des menschlichen Gleichgewichtorganes (Vestibularapparat). Für seine Arbeiten auf diesem Gebiet wird er 1914 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Paradoxerweise erfährt Bárány von seiner Auszeichnung in einem russischen Kriegsgefangenenlager; er arbeitete zuvor als Zivilchirurg in der österreichischen Armee. Dort behandelte er Soldaten mit Kopfverletzungen, was ihm sehr gelegen kam, da er die Zusammenhänge zwischen dem Gleichgewichtsapparat, dem Kleinhirn und dem Muskelapparat in der Praxis besser verstehen lernte. Prinz Carl von Schweden intervenierte höchstpersönlich im Namen des Roten Kreuzes, und so wurde er 1916 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen. Der schwedische König ließ es sich nicht nehmen ihm den Nobelpreis in Stockholm persönlich zu überreichen.

Noch im selben Jahr kehrt Bárány verbittert nach Wien zurück, weil er sich den Vorwürfen seiner österreichischen Kollegen ausgesetzt sah, die ihn beschuldigten, in seinen Arbeiten unzureichende Verweise auf die Leistungen anderer Wissenschaftler gegeben zu haben, und dass deren gedankliches Gut als Basis für seine Arbeit diente. Diese Vorwürfe bewirken den Rückzug Báránys aus Wien nach Uppsala, wo er den Posten des Direktors und Professors eines otologischen Instituts annimmt. Dort bleibt er bis zu seinem Tod.

In seinen letzten Lebensjahren beschäftigt sich Bárány mit den Ursachen von Muskelrheumatismus und arbeitet, bereits von einem Schlaganfall und einer teilweisen Lähmung schwer gezeichnet, weiter.

Bárány heiratet Ida Felicitas Berger im Jahr 1909. Die beiden hatten zwei Söhne und eine Tochter.

Er stirbt am 8. April 1936 in Uppsala.