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Eunice Foote, Pionierin der Klimawissenschaften?

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Noch vor gar nicht allzu langer Zeit herrschte allgemeiner Konsens darüber, dass John Tyndall, Naturwissenschaftler und leidenschaftlicher Bergsteiger, zweifelsfrei als Begründer der modernen Klimawissenschaften galt. In seinen ausführlichen Experimenten und mit Hilfe eines selbst entwickelten Spektralphotometer gelang es ihm die unterschiedlichsten Absorptionsfähigkeiten der jeweiligen Treibhausgase zu ermitteln.

Schon vor den konkreten Experimenten äußerten einige Wissenschaftler die Vermutung, dass die Erdatmosphäre für die Erwärmung der Erdoberfläche eine maßgebliche Rolle spielen würde. John Tyndall hat diese Annahme schließlich 1859 verifizieren können und darüber hinaus die dafür verantwortlichen Elemente bestimmt, unter anderem Wasserdampf, Sauerstoff, Ozon, Methangas, Kohlendioxid sowie weitere Treibhausgase. Diese Gase unterscheiden sich in Zusammensetzung und Wärmeabsorptionsfähigkeit und beeinflussen dadurch die Temperaturen unseres Planeten signifikant. Tyndall war jedoch nicht der Erste, der diese Eigenschaft der Treibhausgase experimentell nachweisen konnte.

Und so ist es dem Zufall und einem pensionierten Geologen zu verdanken, dass wir seit 2010 auch von der Geschichte einer beinahe vergessenen amerikanischen Wissenschaftlerin, Vorkämpferin für Frauenrechte und Erfinderin erfahren dürfen, die bemerkenswert anmutet.

Die Geschichte beginnt im Juli 1819 in Connecticut, Neuengland. Eunice Foote erblickt das Licht der Welt, ihre Familie zieht knapp ein Jahr später in das Ontario County, welches sich im Bundesstaat New York befindet.

Aufgrund ihres vermögenden Vaters hatte Eunice keine existentiellen Sorgen zu befürchten aber auch für Frauen aus gehobenerem Hause war der Zugang zur akademischen Bildung in den meisten Fällen eingeschränkt. Üblicherweise wurden diese Frauen im 19.Jahrhundert in Privatschulen geschickt, dort wurden sie in Umgangsformen und Sozialkompetenz unterwiesen, also auf die ihnen angedachte, gesellschaftliche Rolle als zukünftige Mutter und Hausfrau vorbereitet.

Das Schicksal hatte andere Pläne mit Eunice. Sie durfte eine private Vorbereitungsschule für Frauen besuchen. Diese Schule war zu der Zeit einzigartig in den Staaten, genauso einzigartig waren auch die dortigen Unterrichtsmethoden und Unterrichtsgegenstände. Es wurden sowohl Theorie als auch Praxis in Fächern wie zB. Mathematik, Geographie oder Biologie gelehrt. Interessanterweise wurden die Schülerinnen der Vorbereitungsschule zusätzlich dazu ermuntert die nahe gelegene Rensselaer School aufzusuchen und dort wissenschaftliche Lehrveranstaltungen zu absolvieren. An diesen beiden Schulen durfte Eunice Foote ihre Fähigkeiten in Bezug auf Forschung und Experimentieren reifen lassen.

1841 schließlich ehelichte Eunice den Richter und Patentanwalt Elisha Foote. Die beiden bekamen zwei Töchter, Elisha arbeitete zuerst als Richter im Seneca County, legte seinen Job aber 1846 nieder und arbeitet von da an als Anwalt weiter. Eunice baute sich in der Zwischenzeit ein eigenes Heimlabor auf.

1856 wurde ein Beitrag von Eunice Foote beim Jahresmeeting der American Association for the Advancement of Science (AAAS) in New York vorgetragen, genauer gesagt von Joseph Henry. Es war zwar theoretisch möglich aber nicht gelebte Praxis, dass Frauen ihre Forschungsergebnisse selbst vorstellen durften. Im selben Jahr wurde ihr Beitrag, der den Titel „Circumstances affecting the heat of the Sun’s Ray“ trägt im American Journal of Science and Art veröffentlicht. Worum geht es in ihrer Studie genau?

 

Eunice Footes Werk "Circumstances affecting the heat of the Sun’s Ray"
Circumstances affecting the heat of the Sun’s Ray (c) Wikimedia

Eunice Foote beschreibt in ihrem anderthalb Seiten umfassenden Artikel ihre Experimentierreihe, in der sie verschiedene Behälter mit unterschiedlichen Substanzen füllt. So erzeugt sie beispielsweise ein Vakuum in einem Zylinder und stellt diesem einen Behälter mit verdichteter Luft gegenüber, beide Gefäße setzt sie dann dem direkten Sonnenlicht aus und misst in bestimmten Intervallen deren jeweilige Innentemperatur. Diese Messungen führt sie auch mit Wasserdampf, Wasserstoff, Co2 und Sauerstoff durch. Im Laufe ihrer Versuchsanordnung bemerkt sie unter anderem, dass der Behälter, der zuvor mit Kohlendioxid befüllt worden war eine stark erhöhte Innentemperatur aufwies und darüber hinaus auch deutlich länger brauchte um auf die zuvor bestimmte Kerntemperatur zu fallen.

Die Schlussfolgerungen, welche sie aus den vorangegangenen Experimenten zog sind in der Tat bemerkenswert. So erkennt sie den Stellenwert des Kohlendioxids in seiner erdgeschichtlichen Bedeutung, folgert dass es zu unterschiedlichen Zeitpunkten eine veränderte Konzentration des Treibhausgases zusammen mit einer dadurch bedingten Änderung der Durchschnittstemperatur gegeben haben musste. Teile des Treibhauseffektes hat sie durch ihre Experimente also freigelegt. Welche massive Rolle der Mensch für das Klima einmal spielen würde, diese Erkenntnis blieb ihr allerdings verwehrt.

Dem Zufall wie auch dem pensionierten Geologen Raymond Sorenson verdanken wir also nicht nur die bemerkenswerte Geschichte von Eunice Foote, sondern auch die Fortführung der Frage, wer denn nun als Begründer/Begründerin der Klimawissenschaften gelten soll. Ob es darauf jemals eine eindeutige Antwort geben wird, sei dahingestellt.

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