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Den Klimawandel mit maschinellem Lernen stoppen

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KI kann uns helfen, den Klimawandel zu bekämpfen – aber es gibt noch einige Hürden zu nehmen bevor diese eingesetzt werden kann, laut Priya Donti, Mitbegründerin von Climate Change AI.

Erwähnt man künstliche Intelligenz und Klimawandel in einem Satz, so thematisiert die Diskussion häufig die Energieintensität großer Sprachmodelle – wie viel CPU-Power benötigt wird und der dabei entstehende Kohlenstoffausstoss. Priya Donti, MIT-Professorin und Mitbegründerin und Geschäftsführerin von Climate Change AI, einer globalen gemeinnützigen Organisation, vertritt einen anderen Standpunkt.

Auf der diesjährigen ClimateTech-Konferenz, die vom MIT Technology Review veranstaltet wurde, erklärt Donti, dass nicht jede KI-Anwendung große Mengen an Energie erfordert. “Es gibt zahlreiche Modelle, die auf einem Laptop lauffähig sind”, betonte sie.

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Wichtiger noch: KI birgt ein enormes Potenzial, die Suche nach Lösungen gegen die Klimakrise zu verkürzen. Anhand von “Tackling Climate Change With Machine Learning“, einem 2022 erschienen Artikel, den sie gemeinsam mit 21 ForscherkollegInnen verfasst hat, zeigte Donti auf, wie KI Wissenschaftler und politischen Entscheidungsträger unterstützt, die Herausforderungen des Klimawandels zu reflektieren und anzugehen:

  • Datensammlung und Datenanalyse. Die Menge der erzeugten Klimadaten übersteigt bei weitem die menschliche Fähigkeit, diese zu analysieren. Donti nennt Satellitenbilder als ein Beispiel – eine Flut von Bildern, die beispielsweise landwirtschaftliche Flächen oder den Waldbestand auf der ganzen Welt zeigen. In diesen Fällen kann KI eingesetzt werden, um zu ermessen, welche Pflanzenarten wo angebaut werden und welche Anpassungsmaßnahmen angesichts der Klimaprognosen ergriffen werden sollten, oder um Trends bei der Entwaldung und Wiederaufforstung zu analysieren.
  • Vorhersage. KI kann bei der Erstellung unterschiedlicher Prognosen unterstützen. Die gemeinnützige Organisation Open Climate Fix beispielsweise nutzt sowohl historischen Daten als auch Satellitenbilder der Wolkenbedeckung, um Schätzungen abzuleiten, die die kurzfristige Solarstromproduktion besser mit dem tatsächlichen Strombedarf synchronisieren. KI könnte auch zum Einsatz kommen, um den Bedarf an Verkehrsinfrastruktur oder die Wahrscheinlichkeit extremer Wetterereignisse vorherzusagen.
  • Verbesserung der Systemeffizienz und vorausschauende Wartung. KI spielt eine immer wichtigere Rolle bei der Optimierung von Systemen, z. B. im Güterverkehr, bei der Kühlung von Lebensmitteln sowie bei der Heizung und Kühlung von Gebäuden. “Eine sehr unsexy, aber verwandte Anwendung von KI und maschinellem Lernen ist die vorausschauende Wartung”, so Donti. So kann KI beispielsweise eingesetzt werden, um Methanlecks in der Erdgasinfrastruktur zu erkennen und zu reparieren, bevor diese sich vergrößern, und so zu verhindern, dass Methan in die Atmosphäre entweicht.
  • Begünstigung von neuen Technologien der nächsten Generation. KI kann gewissermaßen als wissenschaftlicher Assistent eingesetzt werden. Donti beschrieb, wie Forscher in Stanford KI nutzten, um Unternehmen bei der effizienteren Herstellung von Batterien zu helfen, indem sie die Resultate früherer Experimente analysierten. Berichten zufolge konnte durch dieses Projekt die Anzahl der Entwicklungszyklen um den Faktor 10 reduziert werden.

Drei zentrale Herausforderungen bleiben

Trotz dieser vielversprechenden Entwicklungen wies Donti auf drei Hürden hin, die den Einsatz von KI bei der Entwicklung von Klimalösungen erschweren.

Die erste und deutlichste ist, dass maschinelles Lernen auf der anderen Seite des Gleichgewichts eingesetzt wird. “Das beste Beispiel dafür ist der Einsatz von KI zur Beschleunigung der Öl- und Gasexploration und -förderung, die der Öl- und Gasindustrie bis 2025 Gewinne in Höhe von 400 Milliarden Dollar bescheren soll”, so Donti.

Aber es gibt auch subtilere Fälle, wie den gezielten Einsatz von KI in der Werbebranche, die den Konsum ankurbelt, oder bei der Entwicklung autonomer Fahrzeuge, die laut Donti “den individualisierten Verkehr im Gegensatz zum multimodalen öffentlichen Verkehr unterstützen”.

Zweitens stellt sich mit dem zunehmenden Einsatz von künstlicher Intelligenz und der steigenden Nachfrage nach Rechenleistung die Frage nach dem CO2-Fußabdruck der KI. Donti zufolge waren die Auswirkungen im Jahr 2019 relativ gering: Der globale Informations- und Kommunikationstechnologiesektor war für 1 bis 2 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich, und die KI nur für einen Bruchteil davon. Mit der fortschreitenden Verbreitung von KI und der wachsenden Leistungsfähigkeit der Modelle sollte ihr Beitrag jedoch sorgfältiger quantifiziert und verfolgt werden, sagte sie.

Drittens stellt sich die Frage nach der Genauigkeit, insbesondere in Bezug auf die Infrastruktur und die öffentliche Sicherheit. Donti untersucht zum Beispiel den Einsatz von maschinellem Lernen zur Optimierung und Steuerung von Stromnetzen, die “harten Zwängen” unterliegen. Wenn die Physik nicht stimmt, könnte das Ergebnis der KI-Optimierung ein Stromausfall sein, der zu wirtschaftlichen Verlusten und sogar zum Verlust von Menschenleben führt – “etwas, das man wirklich nicht will”, sagte sie.

Aber KI arbeitet mit Durchschnittswerten: Sie lernt, eine Katze zu erkennen, indem sie mit einer Vielzahl von Katzenbildern trainiert. “Und der Erfolg eines Algorithmus beruht in der Regel darauf, wie oft er mit der Einschätzung, dass ein Bild eine Katze ist, richtig lag, und nicht darauf, wie katastrophal er sich einmal geirrt hat, als er meinte, dass etwas keine Katze ist”, so Donti.

Im Hinblick auf ein Stromnetz ist selbst ein einziger katastrophaler Ausfall enorm problematisch. “Deshalb muss man härtere physikalische Beschränkungen einbauen, um sicherzustellen, dass man diese Grenzen nicht versehentlich mit einem Modell überschreitet, das für durchschnittliche Güte optimiert ist”, so Donti.

Begründeter Optimismus?

Trotz dieser Herausforderungen ist Donti zuversichtlich, was die Anwendung von KI zur Bewältigung der Klimakrise angeht. Die Risikokapitalinvestitionen in Klimatechnologien erreichten Ende letzten Jahres ein Allzeithoch, und Donti gehört zu den Branchenbeobachtern, die für dieses Jahr noch höhere Zahlen erwarten.

Obwohl “das Ökosystem der Climate-Tech-Firmen viel größer ist als früher”, so Donti, bleibt noch viel zu tun, um Kapazitäten aufzubauen, die Öffentlichkeit aufzuklären und die Erarbeitung von Lösungen zu demokratisieren, und genau da setzt ihre Organisation an. “Eine Gruppe von uns hat Climate Change AI mitbegründet, um Innovatoren, Praktiker und Entscheidungsträger zusammenzubringen, die an dieser Schnittstelle von KI und Klimawandel arbeiten.”

Dieser Artikel wurde leicht editiert und aus dem Englischen übersetzt. Das Original könnt ihr hier nachlesen.

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